Sexueller Missbrauch: Zahlen, Fakten & Vermutungen

Auf der Grundlage unterschiedlicher internationaler Studien muss man feststellen, dass das Ausmaß sexualisierter Gewalt auch heute noch sehr hoch ist. Je nach Forschungsdesign und Berücksichtigung des vermuteten Dunkelfelds muss man davon ausgehen, dass mindestens „jedes vierte bis fünfte Mädchen und jeder zwölfte bis vierzehnte Junge“ in Deutschland sexualisierte Gewalt erlebt haben.
Andere Studien zeigen auf, dass bis zu 20% der Männer und 50% der Frauen bis zum Erreichen der Volljährigkeit sexualisierte Gewalt erlebt haben.

Ein Problem in der Erfassung quantitativer Daten liegt in der Erhebungsmethode selbst begründet. Generell kann nur das erfasst werden, was gefragt wird.
Im Falle sexuellen Missbrauchs kann entsprechend nur das „gemessen“ werden, was von den Befragten selbst als Missbrauch „verstanden“ wird.
Das Problem einer quantitativ realistischen Einschätzung mit der Aussage von Zahlen und Prozenten liegt damit in der Qualität und im Prozessablauf der sexuellen Gewalt „selbst“ begründet.

Viele der befragten Opfer haben mit Hilfe von Verdrängungsprozessen die an ihnen begangenen Taten aus ihrem Bewusstsein verdrängt oder können aus Scham darüber nicht reden. Tatsächlich fühlen sich im Falle sexuellen Missbrauchs oftmals die Opfer schuldig,
weil sie dies nicht verhindern konnten und weil entsprechende gesellschaftliche Vorstellungen eine solche Vorstellung unterstützen.
Diese Problematik der Offenbarung und der sachgerechten Bekämpfung des Missbrauchs hat verschiedene Ursachen und Gründe, die ihren Ursprung im sozialen System mit den geltenden Normen (Gesetzen) und den Werten (Einstellungen) hat.

Die gesellschaftliche Bewältigung des Missbrauchs und der sachgerechte Umgang mit Opfern darf sich vor diesem Sachverhalt nicht alleine nach Zahlen richten.